4 Monate und 12 Tage; 7.990 Kilometer
4 Monate und 12 Tage sind vergangen seitdem ich in die USA geflogen bin, 4 Monate und 12 tage seitdem ich meiner Familie und meinen Freunden "Auf Wiedersehen" sagen musste, 4 Monate und 12 tage lang bin ich 7.990 Kilometer von Zuhause entfernt, 4 Monate und 12 Tage seitdem ich auf mich selbst gestellt bin.
Naja, nicht komplett auf mich selbst.
Meine Mutter ist nur einen Anruf entfernt und immer erreichbar, wenn ich das Gefühl habe alles läuft falsch. Meine Freunde sind auch immer am anderen Ende, wenn ich mal wieder Zweifel über alle möglichen Entscheidungen habe. Ich habe eine ganz tolle LC die mir immer direkt hilft, Ansprechpartner in der Schule die mir immer freundlich helfen, wenn ich in der Schule komplett überwältigt bin und nicht weiß was ich machen soll, und neue Freunde die mich aufbauen wenn ich Deutschland mal wieder total vermisse.
Jedoch fühlt es sich auf eine Weise so an als wäre ich auf mich allein gestellt. Ich muss Entscheidungen treffen über die ich vorher nie nachgedacht habe, Probleme die ich nie erwartet habe und Überraschungen die besser nicht hätten sein können.
Ich hab viel erlebt in den letzten Monaten, aber starten wir mal am Anfang:
Ich hab meine Gastfamilie am 17.8.19 bekommen und war total glücklich, es war zwar nur eine Anfrage aber ich hatte 1. keine Zweifel und 2. keine Lust mehr länger zu warten, da ich sowieso total spät dran war. Ich sollte zu einer alleinstehenden Rentnerin im Süden Louisiana kommen, eine Region die mir niemals eingefallen wäre, nur eine Dreiviertel Stunde von New Orleans entfernt. Sie war total super und passend zu mir beschrieben und ich war total glücklich. Allerdings hatte meine Schule schon angefangen, was hieß ich konnte nicht zu den Orientation Days nach New York, das war wirklich so nen Punkt auf den ich mich total gefreut habe, aber naja war auch kein Weltuntergang. Ich musste halt am folgenden Freitag ausreisen, damit ich nicht zuviel Schule verpasse. Ich hatte nur eine Woche um zu packen, mich von allen verabschieden etc., allerdings wusste ich erst am Mittwoch vor Ausreise, dass ich am Freitag ausreisen musste, am selben Tag ist meine kleiner Schwester zu meiner Tante gefahren und ich konnte mich nicht richtig von ihr verabschieden, ehrlich gesagt hat mir das viele Tränen "gerettet". Also theoretisch hatte ich nur Donnerstag um mich zu verabschieden, der Tag war vollgepackt wie sonst was! Ich hab viele Freunde getroffen und bin zum Stall gefahren um mich zu verabschieden. Tatsächlich hab ich erst geweint, als meine Schwester angefangen hat zu weinen, sonst war ich eher total aufgeregt und ein wenig in Schock. Trotz des vollen Tages hatte ich meine Gedanken so woanders, dass am Freitag manche meiner Freunde mich angeschrieben haben, weil ich denen total vergessen habe zu sagen, dass ich fliege (Sorry dafür nochmal!).
Am Flughafen waren nur meine Eltern und das war wahrscheinlich besser so. Ich hab von der Sicherheitskontrolle bis ich im Flugzeug saß immer wieder geweint und konnte es garnicht realisieren, ich hatte total angst irgendwas zu vergessen oder falsch zu machen und ich nichtmehr einreisen konnte. Mich hat ein Mann an der Sicherheitskontrolle angesprochen und mir vie Spaß gewünscht, er wäre auch auf einem Schüleraustausch gewesen und er hätte total viel Spaß gehabt. Das hat mich tatsächlich total beruhigt obwohl ich kein Wort sagen konnte weil ich so am weinen und zittern war.
Die ganze Zeit über hatte ich meine Mutter dabei die mir helfen konnte und jetzt in diesem Augenblick war ich alleine, ein riesen, einschüchternder Ort und die Gefahr meine Flug zu verpassen. Soviel das falsch laufen könnte, alle möglichen Szenarien sind in meinem Kopf herumgeflogen, aber dieses Gefühl von Freude und Freiheit hat mich nie verlassen. Im Flugzeug hab ich mir die mittlere Reihe mit nur einem weiteren Mann geteilt, er ist mit seiner Familie gereist und die waren total nett, ich konnte mich gut mit dene Unterhalten und sie schienen auch sehr an meiner Situation interessiert.
Ich musste in Washington D.C. umsteigen, aber erst musste ich mich in eine endlose Schlange stellen um einreisen zu können. Das hat gefühlt Jahre gedauert und ich musste meinen Koffer noch Umchecken und meinen Flug erwischen, allerdings war ich garnicht gestresst und habe einfach gedacht, dass es nicht so schlimm ist wenn ich meinen Flug verpasse und ich hab mir auch Zeit genommen. Im Endeffekt musst ich meinen großen Koffer nur von einen Ort an den nächsten schieben und konnte mich garnicht verlaufen weil es halt alles auf einem Weg war und mir der Koffer abgenommen wurde. Mein Flug nach New Orleans war ziemlich kurz und ich hab die meiste Zeit geschlafen oder auf dem Bildschirm rum getippt. In New Orleans hab ich meine Gastmutter erstmal suchen müssen und hab sie fast nicht gefunden. Wir sind zum Essen gegangen und dann nach Hause gefahren. Allerdings hab ich mich bei meiner Gastmutter von Anfang an garnicht wohl gefühlt und das Gefühl hat sich auch leider nicht geändert, egal wie sehr ich es versucht habe.
Nach 3 Monaten konnte ich dann umziehen.
Ich lebe jetzt bei einer größeren Familie und liebe es hier, die sind alle total nett und ich fühl mich total wohl. Ich habe 4 Gastschwestern und 4 Gastbrüder, drei von denen Leben aber nicht mit im Haus (totaler Gegensatz von dem was ich vorher hatte, aka eine weitere Person im Haus.
Die Erfahrungen die ich in den letzten Wochen und Monaten erleben durfte, egal wie schlecht oder gut sie waren, wieviel ich geweint oder gelacht habe, es waren super schöne Momente und ich freue mich über jede weitere Erfahrung die ich machen kann. Ich hab soviel gelernt und erlebt, das kann mir keiner mehr nehmen!
Ich bin Dankbar für diese Möglichkeit mich selbst und meinen Lebensgrund zu finden.
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